Montag, 5. Juni 2006

Ab in die Wildnis!

Christian Lautner hält sich in seiner Freizeit mit Vorliebe in der Natur auf. Über den Kontakt mit Deutschlands bekanntesten Survival-Experten Rüdiger Nehberg kam er auf die Idee, an einem Wildnistraining bei Zwerger und Raab teilzunehmen.

So verbrachte er Pfingsten 2006 in Hinterzarten (Schwarzwald) unter Anleitung eines Expertenteams unter freiem Himmel, ohne Strom und ohne Feuerzeug, getreu dem Motto:
"Ich ging in die Wälder, denn ich wollte wohl überlegt leben. Intensiv leben wollte ich, das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten, was nicht lebend war. Damit ich nicht in der Todesstunde inne würde, dass ich gar nicht gelebt hatte.“
(Henry David Thoreau, US-amerikanischer Schriftsteller und Philosoph)

Das Wildnistraining - Der Erlebnisbericht

Schon lange wollte ich einmal mit einem erfahrenen Führer Wälder und Natur besser kennen und verstehen lernen. Ich sprach mit lokalen Förstern und Jägern, bin aber auf taube Ohren gestoßen. Hin und wieder lernte ich Obstbauern und Landwirte kennen, die meine Neugier kurzfristig stillten. Bücher über Heilpflanzen und Erlebnisgeschichten von Rüdiger Nehberg und Tilmann Waldthaler halfen mir darüber hinweg, dass die Senioren ihr Wissen nicht mehr preisgeben können. Entweder leben sie nicht mehr, sitzen vorm Fernseher oder überwintern auf Mallorca.

Ein Telefongespräch mit Nehbergs Lebensgefährtin Annette Weber ändert alles.
Ich erfuhr von ihr vom Wildnistraining der Firma Zwerger und Raab und meldete mich sofort an. Nach einigen Monaten des Wartens war es dann soweit:

Tag 1

Reinhard Zwerger, Geschäftsführer und Trainer, ist von 17 neugierigen Teilnehmern (davon 4 Frauen) und drei weiteren Trainern (eine davon seine Lebensgefährtin) umgeben und heißt alle herzlich willkommen. Ein verheißungsvoller Tag, der 3. Juni 2006. Es ist kühl und nieselt. Wir befinden uns in einem malerischen Tal, Hexenloch in St. Märgen, bei Hinterzarten im Schwarzwald auf einem Picknickplatz mit einer geräumigen Blockhütte, einem Brunnen und Sitzgruppen aus Holz. Die Rucksäcke aller Anwesenden liegen auf einer Plane neben dem Eingang der Hütte.
Die Hütte ist mit Küche und Schlafmöglichkeiten ausgestattet. Lebensmittel und Ausrüstung werden aus dem firmeneigenen Transporter ausgeladen und es werden zusätzlich zwei Pfadfinderzelte aufgebaut, damit auch wirklich alle Platz zum Schlafen finden. Neben Schlafmöglichkeiten wird auch für das leibliche Wohl gesorgt und alle helfen mit das Basislager einzurichten: wir hacken Feuerholz und stellen Sonnenschirme auf, die allerdings nicht Sonne, sondern überwiegend den Regen abhalten. Ich schaue mich um, lerne die Trainer und Teilnehmer kennen. Fragen werden jederzeit beantwortet und Hilfestellung wird stets geleistet – auch von den Teilnehmern. Jeder entscheidet frei, welche Übungen er auslässt und auch was er isst.

Keine Rambos oder Fremdenlegionäre – die brauchen dieses Training nicht mehr.
Unter den Teilnehmern finden sich eher Gleichgesinnte - ganz normale Menschen, Kaufleute, Firmeninhaber, Erzieherinnen, eine Landwirtin, Systemadministratoren, Studenten et cetera. Einige von ihnen haben Bücher von Rüdiger Nehberg gelesen und kamen so an die Adresse von Zwerger & Raab, andere bekamen dieses Training zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt.
Nach dem das Lager aufgebaut ist, genügend Feuerholz gesammelt und die Küche eingeräumt ist, trommelt Reinhard alle zusammen. Wir stellen uns vor: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Was erwarte ich? Der Ablauf und die Spielregeln werden erläutert und nebenbei wird erwähnt, dass die Mobiltelefone wegen einem Funkloch hier nicht funktionieren. Danach stellt Reinhard auch schon die ersten Aufgaben: "Ein Unwetter zieht auf! Sturm aus Nord-Ost. Ihr müsst euch also einen Unterschlupf bauen, Feuer machen und Kräuter zum Teekochen sammeln. Das einzige, was ihr dabei mitnehmen dürft sind zwei Streichhölzer und alles das, was ihr bereits in euren Jacken- und Hosentaschen habt. Die Rucksäcke bleiben hier und niemand macht sich vorher noch einmal daran zu schaffen.“ Ich habe so etwas geahnt, blicke Hilfe suchend zu meinem akkurat gepackten Rucksack und wünsche mir mein großes Messer und mein Feuerzeug herbei.

BIG FOUR: WATER, FIRE, SHELTER, FOOD

In kleinen Teams à 3-5 Personen laufen wir los und bestimmen die Windrichtung. Wir stolpern über Wurzeln, suchen große Äste um einen Unterschlupf zu bauen und kleinere um Feuer zu machen. Das Team, dem ich angehöre, ist schnell. Euphorie und Adrenalin treiben uns an. Das Lager steht schließlich fest und sicher auf einer kleinen Anhöhe auf der dem Sturm abgewandten Seite, geschützt von großen Bäumen. Danach ernten wir Bärwurz, Sauerampfer und Breitwegerich für den Tee und geben den Trainern Bescheid, dass unser Team fertig ist. Nach und nach schauen sich Reinhard und seine drei Trainerkollegen das Werk der Teams an, geben Ratschläge und Hilfestellungen. Am schwierigsten erweist sich das Feuermachen, welches wir in Anwesenheiten der Trainer entzünden sollen. Reinhard verteilt zwei Streichhölzer an jedes Team und überzeugt sich von der Fertigkeit seiner Teilnehmer. Es hat in den letzten Tagen viel geregnet - der Frühling lässt also noch auf sich warten - am Straßenrand liegt sogar noch Schnee. Nur die vertrockneten Äste am Baum sind zum Feuermachen geeignet. Mit Geduld und Windschutz klappt es dann auch. Die Lage des Unterschlupfes ist ebenfalls sehr wichtig, wenn man ein Unwetter unbeschadet überstehen will. Sich richtig zu orientieren und die Windrichtung zu bestimmen, sind von elementarer Bedeutung. Wenn der Regen, wie jeder andere Besucher auch, einfach durch das Eingangsloch eindringt, sollte man noch mal darüber nachdenken, den Eingang auf eine andere Seite zu verlagern. Die Kräuter für den Tee kommen nicht zum Einsatz und das Feuer machen wir auch gleich wieder aus. Es ging in der Übung nur darum, dass wir verstehen, wie man möglichst schnell Wärme, Unterschlupf und Nahrung sichert und wie wichtig das ist. Sie kann unter den Begriff THE BIG FOUR: WATER, FIRE, SHELTER, FOOD. (Wasser, Feuer, Unterschlupf und Nahrung) zusammengefasst werden. Diese vier Elemente ziehen sich wie ein roter Faden durch die drei Tage. Sie sind Hauptbestandteil des Wildnistrainings.

Ein Mensch kann drei Minuten ohne Luft, drei Stunden ohne Wärme, drei Tage ohne Wasser und drei Wochen ohne Nahrung auskommen.

Das relativiert die Angst, in den drei Tagen verhungern oder verdursten zu können. Macht aber auch deutlich, wie lebenswichtig diese Dinge sind und genau darum geht es eben in diesem Training. Die anstehenden Übungen befassen sich hauptsächlich mit diesen Themen: Wasser besorgen, Feuer entzünden, Unterschlupf bauen und Nahrung finden.
In den nächsten Stunden lernen wir Reinhard und sein Trainingsteam als sehr umgängliche, freundliche und kompetente Experten kennen. Die lockere Art und Weise des Trainings überzeugt auch die letzten Zweifler.
Nach der ersten Lektion und der Brotzeit stehen Pflanzenkunde und Knotenkunde auf dem Plan. Welche Pflanzen sind genießbar? Kann man Blumen essen? Wie gut hält mein Knoten? Gibt es bessere? Wie und womit befestige ich meine Zeltplane? Wie baue ich mir ein Seil aus Brennnesseln? Zwischendurch erklärt Reinhard, dass jeder Teilnehmer frei entscheiden kann, ob er in der Hütte, im Zelt oder im selbstgebauten Unterschlupf im Wald schläft. Wir haben genügend Zeit, darüber nachzudenken und um uns die Schlafstätte aussuchen und herrichten zu können. Reinhard legt Seile und Zeltplanen demonstrativ neben die Sitzgruppen auf den Boden, jeder wird mit dieser Entscheidung konfrontiert. Die Planen lächeln mich an, ich schnappe mir zwei davon und verschwinde im Wald. Anschließend bereiten wir das Abendessen vor. Es wird gemeinsam gekocht und gebraten: Fisch, Kartoffeln, Salat und Stockbrot. Selbstgesammelte Kräuter verfeinern den Salat und strecken den Brotteig. Bei der Anmeldung wurden wir nach Essgewohnheiten gefragt (Vegetarier, Veganer, Moslem etc.) und entsprechend kaufte Reinhard ein. Es ist genug für alle da, niemand muss sich das Fleisch selber fangen!
Ich verbringe diese Nacht im Wald, mit einer Regenplane, Isomatte und Schlafsack – reine Neugier. Einige Wenige entscheiden sich auch dafür, die Mehrheit schläft in der Hütte bzw. in den Zelten. Ich wünsche Fuchs und Hase eine gute Nacht und schlafe friedlich und tief.

Tag 2

Am nächsten Tag beginnen wir nach der Katzenwäsche den Tagesablauf mit einem ausgiebigen Frühstück und anschließendem Feuermachen, Seilkunde, Pfeil- und Bogenschiessen und Kräuterkunde. In den gleichen Teams wie vom Vortag versuchen die Teilnehmer/innen ausgiebig und mit viel Geduld Feuer durch Reibung oder mit Funkenschlag (Eisen und Feuerstein) zu machen. Feuer bedeutet Leben, Wärme für Herz, Leib und Seele.

Die Glut ist stets dabei

Anschließend wird die Glut in selbstgebauten natürlichen Transportgefäßen transportiert, um am Abend wieder das Lagerfeuer damit zu entfachen - ebenfalls Teil der Aufgabe. "Zur Ausrüstung des Gletschermannes "Ötzi“ gehörte ein Gefäß aus Birkenrinde, welches glühende Holzkohlen enthalten hatte. Es war innen schwärzlich verfärbt und mit Blättern des Spitzahorns als isolierendem Material ausgekleidet. So konnte die Glut einige Stunden aufbewahrt werden. Brach Ötzi sein Lager ab, konnte er die Glut von seinem Feuer in frische Blätter als Isoliermaterial einwickeln und somit fast Luftdicht in seinem Birkenrindengefäß mit sich führen. Dadurch blieb die Glut einige Stunden am glühen und ersparte ihm bei seiner nächsten Rast die Arbeit des Feuermachens.“ erklärt uns Reinhard. Das ist der Grund, warum auch wir solche Transportgefäße (aus Blechdosen oder Holzscheiten) bauen und unsere Glut mit uns führen.Natürlich stehen auch hier die Trainer mit Rat und Tat zur Seite. In den nächsten Übungen lernen wir weitere Knoten, überqueren einen Bachlauf mit Hilfe eines Seiles und lernen verschiedene Arten des Überquerens kennen.
Wieder im Basislager angekommen, erwartet uns eine Bogenschießanlage. Jeder bewaffnet sich mit Pfeilen und passendem Bogen. Die Trainer erklären uns den Ablauf und die Sicherheitsregeln, dann wird gespannt, angelegt und geschossen. Reinhard zeigt uns auch noch weitere Jagdwaffen: Speer, Wurfstock und Speerschleuder. Ab und zu schauen wir wieder nach der Glut. Zwischendurch wird immer wieder getrunken und gegessen – Wasser, Saft, Brot, Wurst, Käse und Schokolade – denn mit einem knurrenden Magen kann man nicht lernen, lautet die Devise von Reinhard. Er nennt dieses Ritual "Vesper“. Dann folgt eine Exkursion durch das weitläufige Tal und wir lernen Pflanzen kennen, die man essen kann oder die Heilkräfte besitzen. Später wird das Lagerfeuer mit der ständig mitgeführten Glut entfacht, bei leckerem Abendessen und Lagerfeuergeschichten lassen wir schließlich den Tag ausklingen. Reinhard zeigt uns noch seine Pfeilsammlung: Indianerpfeile, Pfeile aus der Mongolei, England etc. und berichtet von seinen Erfahrungen in Kanada. Danach begebe ich mich in den Wald und erlebe meine zweite Nacht unter freiem Himmel. Ich habe mein Lager vorher etwas umgebaut: eine Plane auf dem Boden und eine Zweite als Dach, besser gespannte Seile und festere Knoten. Ich schlafe noch besser und verschlafe beinahe das Frühstück.

Tag 3

Den letzten Tag verbringen wir mit Orientierung, Wasseraufbereitung, Fallenbau und Messerkunde. Wir lernen Himmelsrichtungen mit und ohne technische Hilfsmittel zu bestimmen und ermitteln Entfernungen mit einfachen Tricks aus der Natur, sowie die Marschdauer. Danach versammeln wir uns um Reinhard, der uns diverse Möglichkeiten der Wasseraufbereitung (Kohlefilter, Tabletten) und uns die entsprechenden Filter zeigt. Er demonstriert verschiedene Fallen, weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass das Fallenstellen in Deutschland streng verboten ist. Zum Schluss legt er einige unterschiedliche Messer auf den Tisch von denen jedes seine ganz bestimmte Verwendung hat (werfen, schneiden, stechen, etc.) und er demonstriert richtiges schleifen und schärfen. Im Anschluss packen wir alle Sachen zusammen, reinigen den Platz und die Hütte, zerstören unsere Bauten im Wald und hinterlassen möglichst keine Spuren. Wir verlassen die Natur, so wie wir sie vorgefunden haben. Die nächsten Teilnehmer des Trainings sollen schließlich die gleiche Ausgangssituation vorfinden.
Wir wandern durch das sonnendurchflutete Tal und steuern einen Waldparkplatz an. Von dort aus werden wir nach Hinterzarten gebracht, wo unsere Autos stehen. Am Parkplatz verabschieden wir uns, jeder macht sich auf seinen Heimweg. Im Gepäck: Schmutzige Wäsche, reichlich Eindrücke und Erfolgserlebnisse, neue Erkenntnisse und das Wissen, dass Überleben gar nicht so schwierig ist – wenn man weiß wie. Mein Hunger nach "Survival“ und artgerechtem Verhalten in der Natur ist fürs erste gestillt.

Zwerger und Raab - Die Experten

Seit Firmengründung 1988 – und wahrscheinlich schon lange vorher –, sind die Trainer und Geschäftsführer der Zwerger Raab GmbH in Wäldern und Wüsten, auf Bergen und Flüssen der Erde unterwegs.Da kommen viele Erfahrungen zusammen – so viele, dass Rüdiger Nehberg sie in seinen Survival Büchern als die beste Survival-Kurs-Adresse Deutschlands empfiehlt.
Die Arbeit von Zwerger & Raab konzentriert sich auf drei Kernbereiche: incentive, traincentive und training. In jedem dieser Bereiche orientiert man sich an der Natur — was nicht bedeutet, dass immer nur draußen gearbeitet wird. Die Angebotspalette umfasst Erlebnispfaden über NiedrigElemente- und HochElemente- Parcours bis hin zu Baumwipfeltouren, erlebnis- und umweltpädagogischen Lernfelder, Unterstützung bei Fusionen oder Kick OFF-Veranstaltungen. Zwerger & Raab hilft Mitarbeiter zu motivieren, Kunden zu gewinnen und binden durch Belohnung, Anreiz, Inspiration.

Das Wildnistraining fasst viele ihrer Erfahrungen zusammen und vermittelt auf spannende Weise die Methoden des Lebens in und mit der Natur. Kein Survival im klassischen Sinne – aber eine gute Anleitung sich sachgerecht in der Wildnis zu bewegen.
Und abends am Lagerfeuer, beim Erzählen der Geschichten von Bärenbegegnungen, unentdeckten Wasserfällen und anderen Abenteuern wird das Bild rund und die Lust am eigenen Entdecken geschürt.

Und darum geht es in diesem Training – entdecken, ausprobieren, erleben! Dazu muss man kein durchtrainierter Waldläufer sein und Würmeressen steht nur auf Bestellung auf dem Programm.Was es braucht sind Abenteuerlust, Neugier, ein gutes Taschenmesser und los geht’s!

Der Waldläufer

Reinhard Zwerger, Jahrgang 1962, hat nach der Ausbildung zum Diplom-Geophysiker (Vulkanologe, Seismologe und Astronom) aus seiner Passion - der Arbeit mit Mensch und Natur - seinen Beruf gemacht: seit 1988 bietet die Zwerger & Raab GmbH aus Hinterzarten Teamtrainings in und mit der Natur zwischen Schwarzwald und Alaska an. Reinhard Zwerger ist seit 25 Jahren unterwegs in aller Welt: mehrere lange Wildnisaufenthalte in Kanada, Alaska, im Dschungel Venezuelas und in Ostafrika. Im Winter 1988/89 lebte er mit einem Trapper im Norden des Yukon und arbeitete bei dem traditionellen Fallensteller mit Hunde- und Motorschlitten. In der Ortsgruppe Hinterzarten ist er seit 2001 aktives Mitglied der Bergwacht Schwarzwald e.V. und zuständig für die Ausbildung.
Seit 1987 stellt er sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrung anderen Menschen in Kursen zur Verfügung. Dabei geht es ihm neben der Vermittlung von Techniken ganz wesentlich um die Weitergabe dessen, was Leben in und mit der Natur bei ihm selbst ausgelöst hat. Leben im weit-gehenden Einklang mit den natürlichen Begebenheiten und das Wissen, das uns die Natur durch ihr Beispiel selbst immer wieder vorgibt, bestimmen daher die Outdoor-Tage ganz wesentlich.