Freitag, 23. November 2007

Öko 2.0 - kreative Ökos mit ethisch ausgerichtetem Konsum

Im Sommer 2007 habe ich den Autor des Blogs Karma Konsum kennen gelernt und viel über LOHAS erfahren. Bis dato hatte ich nicht viel über LOHAS gewusst, aber schnell begriffen um was es geht: Mit dem Konsum die Welt verbessern, in dem ich mein Geld für Produkte ausgebe, die ökologisch hergestellt oder, bei Lebensmitteln, angebaut wurden. Sie sollen der Welt nicht schaden, sondern für Gesundheit und Nachhaltigkeit stehen. Im Grunde habe ich mich schon viele Jahre entsprechend verhalten und intuitiv gewusst, dass man auch in puncto Konsum ein gutes Beispiel sein sollte, wenn man möchte, dass andere es einem nachmachen. Zwei Weisheiten begleiteten mich schon eine ganze Weile in meinem Leben: "Nur der Erzogene kann erziehen" und "Die Beste Erziehung ist, Vorbild zu sein" - seit diesem Sommer wird der Begriff LOHAS mich ebenfalls ein Stück begleiten. Um den Begriff und Lebensstil in Deutschland noch bekannter zu machen, berichtet Karma Konsum täglich über LOHAS und organisierte im September 2007 die erste deutsche LOHAS Konferenz, bei der ich etwas half.

Im folgenden Arikel, welchen ich für unsere Mitarbeiterzeitung schrieb, erfahren Sie noch mehr über LOHAS:


Die Ökos sind dafür bekannt, dass sie Körner essen, sich sozial und/oder ökologisch engagieren und mit Birkenstocks herumlaufen. Sie können aber auch ganz anders!

LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) ist der gegenwärtige Begriff für die „neuen“ Ökos.

Sie unterscheiden sich von den „alten“ Ökos darin, dass sie mit der modernsten Technik vertraut sind und sich die Wirtschaft für ihre ökologischen, ethischen und gesundheitsorientierten Ziele zu Nutze machen.
Die LOHAS kaufen Produkte von Unternehmen, die sich wiederum für eine gute Sache verpflichten und auf das ökologische Gleichgewicht achten - sie bewirken also Gutes mit ihrem Umsatz.

Hier informieren sich LOHAS über LOHAS.

LOHAS finden im Internet zahlreiche Plattformen, um sich zu informieren und auszutauschen. Der Blog „Karmakonsum“ gehört zu den führenden deutschsprachigen Internetseiten zum Thema LOHAS. Das Nachrichtenportal berichtet täglich über neue Trends im LOHAS Markt, sowie über Unternehmen und Prominente, die sich für Gesundheit und Nachhaltigkeit einsetzen.

Erste deutsche LOHAS Konferenz

Christoph Harrach, der Betreiber von Karmakonsum, organisierte mit Freunden die erste deutsche LOHAS Konferenz, welche am 17. September in Frankfurt am Main stattfand und der neuen Öko-Bewegung Raum für ein Forum mit Fachvorträgen und Diskussionen schuf.

Über 130 Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Branchen kamen zusammen, um Antworten auf die Frage „Wie kann ich Nachhaltigkeit und Genuss in Einklang bringen?“ zu finden. Blogger, Kenner der Szene und Menschen, die noch nie etwas von LOHAS gehört hatten, kamen hier zusammen und lauschten.

Als Sprecher waren Dr. Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut, Andrea Nienhaus – Nachhaltigkeits-Grafikerin und Öko-Bloggerin, Harry Otto – Werbeprofi von Rock’n Roll Advertising - und Fred Grimm - Erfolgsautor des Buches "Shopping hilft die Welt verbessern" eingeladen.

Die Vorträge waren auflockernd, professionell und unterhaltsam. Man bemühte sich, den Begriff LOHAS zu erklären und greifbarer zu machen und stellte fest, dass LOHAS keine Zielgruppe, sondern eine neue gesellschaftliche Leitidee ist und fasste folgende Begriffe zu ihrer Beschreibung zusammen:

  • Postmateriell
  • Selfness/Wellness
  • Spirituell
  • Moralischer Hedonismus
  • Medienkritisch
  • Kulturinteressiert
  • Infoorientiert

Diese Haltung der LOHAS wirkt sich unweigerlich auf ihr Kaufverhalten aus.

"FUCK THE BRANDS THAT ARE FUCKING THE PEOPLE"

Diese Aussage stammt von Dov Charney, dem Gründer von American Apparel. Einem Textileinzelhandelsunternehmen aus Los Angeles, welches für seine unkoventionelle Werbung, seinen fairen Löhnen und Sozialleistungen bekannt wurde. Es umschreibt radikal was dem Unternehmer am Herzen liegt. Die Mehrheit der Konzerne sehen das natürlich anders, sie verfolgen ein rein wirtschaftliches Interesse. Auch sie wurden in der Konferenz näher betrachtet, da sie derzeit versuchen, durch so genanntes „Green Washing“ ihren Ruf zu retten. So werden mal eben schnell Brunnen in Indien oder Afrika gebaut oder ein Bioprodukt eingeführt, um auf der Corporate Social Responsibility-Welle mitzuschwimmen. Natürlich poppte auch gleich die Frage auf „Dürfen die das?“ Ein klares Ja oder Nein gibt es nicht. Solange der Umsatz ihnen Recht gibt, gibt es keinen Richtungswechsel.

Vorzeigefirmen wie Bionade, Dr. Hauschka, Basic, American Apparel bekamen ebenso ihren Platz in den Vorträgen wie die Sozialhelden, eine Non-Profit-Organisation die eine kreative Möglichkeit zum Spenden entwickelt hat, und kreative Köpfe, die mit ihren Viral-Marketing-Kampagnen erfolgreich waren oder noch auffallen wollen.

Dass das neue „grüne“ Bewusstsein erfolgreich ist, ist bewiesen - Dov Charney von American Apparel bringt es auf den Punkt: "Die einen fahren auf uns ab, weil sie merken, dass Kapitalismus auch sozial sein kann, die anderen finden uns geil, weil wir bewiesen habe, dass man mit Menschlichkeit auch Geld verdienen kann. Wir brauchen weder die einen noch die anderen - wir starten etwas ganz Neues, wir sind der neue Kapitalismus. Kapitalismus, der funktioniert.“

"Grün ist das neue Schwarz" titelte kürzlich die New York Times. Zurecht: Öko ist cooler und vor allem selbstbewusster geworden!

Vieles könnte besser sein, aber packen wir’s an

Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich, für seinen Konsum logischerweise auch. Es ist aber gut zu wissen, dass man mit seinem Konsumverhalten etwas ändern kann und Unternehmen dies spätestens seit der Klimawandel-Welle auch verstanden haben. Die Konsumenten verlangen Transparenz, Umweltfreundlichkeit und Qualität – eine Chance für jedes Unternehmen. LOHAS können die Marketingprofis mit ihrem Verhalten inspirieren. Weg von der One-Way-Kommunikation (Kauf mich, kauf mich!) und hin zu einem Bewusstsein in der Wirtschaft, dass Communities nicht nur Marken zerstören, sondern eben auch Marken pushen, ja sogar kreieren können.

Sonntag, 5. November 2006

Interview mit Sir Vival Rüdiger Nehberg

Christian Lautner traf Deutschlands bekanntesten Menschenrechtler und Survival-Experten zum Interview.

Der Sendesaal im hessischen Rundfunk in Frankfurt ist am ersten Novembersonntag mit Leben gefüllt. Rund 700 Leute haben sich zum Weitsichtfestival eingefunden, um sich von den abenteuerlichen Expeditionen der Referenten fesseln zu lassen. Überlebenstraining im Dschungel, kreative Nahrungssuche und der Umgang mit Raubtieren – das Diashow-Festival lässt keine Wünsche offen.
Höhepunkt des Abends ist der Vortrag „Abenteuer Urwald“ von Rüdiger Nehberg. Bilder und Berichte zeigen einen Querschnitt durch sein aufregendes Leben, das mich persönlich seit Monaten fesselt. Meine Neugier wurde durch seine Bücher, Filme und Artikel gestillt und mein Wissensdurst findet an diesem Abend sein Eldorado.

Alles fing damit an, dass ich lernen wollte, wie ich mich artgerecht in der Natur bewege und respektvoll mit Pflanzen und Tieren umgehe. Also kontaktierte ich über die Homepage Nehbergs seine Partnerin Annette Weber. Sie erzählte mir von einem Wildnistraining, das von einer Survival-Schule im Schwarzwald angeboten wird – eine persönliche Empfehlung von Rüdiger Nehberg. Wild entschlossen verbrachte ich, mit kompetenten Trainern und anderen Teilnehmern, drei Tage unter freiem Himmel. Die Natur nahm mich freundlich auf und für einen Moment fühlte ich mich als echter Abenteurer.

Rüdiger Nehberg ist Aktivist für Menschenrechte, Konditor und Überlebenskünstler in einer Person. Fasziniert von so viel Engagement, wurde ich Fördermitglied in Nehbergs Menschenrechtsorganisation TARGET und blieb mit Annette Weber weiter in Kontakt. Eines Tages bot sich nun die Gelegenheit, Rüdiger Nehberg tatsächlich kennen zu lernen. Schnell war die Idee für ein Interview für FACES geboren. Die Eintrittskarten hatte ich schon Monate vorher gekauft und nun ist es endlich soweit.

Ich werde von meinem Kollegen Klaus Hickmann-Rother, von AEGIS MEDIA, und Alexander Groth, Trainer der CARAT ACADEMY, begleitet. Wir treffen Rüdiger Nehberg während der technischen Vorbereitungen für seinen Vortrag. Nach einer kurzen Bekanntmachung suche ich mir einen Platz und bin gespannt, was Nehberg mir nach dem Vortrag erzählen wird.

Nehbergs Vortrag ist ein Feuerwerk aus faszinierenden Bildern und abenteuerlichen Geschichten. Seine Zeit bei den Yanomami, einem brasilianischen Indianerstamm wird ebenso dokumentiert, wie die geheimen Dreharbeiten unter Goldsuchern. Er gab sich zusammen mit dem Dokumentarfilmer Wolfgang Brög als Goldsucher aus und filmte mit versteckter Kamera. Denn 65.000 bewaffnete Goldsucher drangen in das Gebiet der Indianer ein und bedrohten ihre Existenz. Sie rodeten Wälder und nahmen das Land für sich in Anspruch, sie zerstörten die Natur und hinterließen Schutt und Schlamm, dann zogen sie weiter um das nächste Goldsucher-Camp aufzubauen.
Der Film wurde mit dem Titel „Goldrausch in Amazonien“ (ZDF, Reportage) von Greenpeace an alle Sender weltweit verschickt und das Verbrechen wurde öffentlich.
Nehberg unterstützt auch das Volk der Waiapí-Indianer, ebenfalls brasilianische Ureinwohner, und baute dort bereits Krankenstationen. Im Gegenzug zeigten sie ihm essbare Pflanzen und Heilkräuter und bereiteten ihn auf sein nächstes Abenteuer vor – ausgesetzt im Urwald ohne Ausrüstung.

Auch waghalsige Aktionen wie Nehbergs Abseilen vom Helikopter in den brasilianischen Urwald werden gezeigt. Mit Kameraausrüstung und Lendenschurz, aber ohne Vorräte, Messer und Navigationssystem, schlug er sich wochenlang durch den Urwald, bis er schließlich in der Zivilisation ankam.

Zum Schluss stellt Nehberg seine Menschenrechtsorganisation TARGET vor, die sich sowohl für Indianer im südamerikanischen Regenwald, als auch gegen weibliche Genitalverstümmelung einsetzt. Seine Wüstenkonferenzen und die Karawanen der Hoffnung erzielten bereits große Erfolge, weitere Aktionen sind geplant. Davon berichtete Nehberg am 27.11.2006 in der Sendung Johannes B. Kerner.

In einem separaten Raum treffen wir auf Rüdiger Nehberg, der uns nun Rede und Antwort steht.
CL: Gibt es etwas in deinem Leben, das du bereust?
RN: Ja, dass ich nicht schon eher mit all den Dingen angefangen habe. Ich war durch meine Konditorei in Hamburg zu sehr blockiert; irgendwann konnte ich mich dann davon befreien. Aber sonst bereue ich nichts.

CL: Wen oder was bewunderst du?
RN: Leute wie Gandhi, Nelson Mandela, Gorbatschow, die irgendwie etwas Riesiges bewegt haben, obwohl man ihnen das bestimmt nicht zugetraut hätte.

CL: Gibt es einen Abenteurer dem du nacheiferst?
RN: Nein, den hatte ich nie. Ich habe immer meine eigenen Ideen gelebt.

CL: Welches Abenteuer möchtest du gerne noch erleben?
RN: Jetzt gilt es vor allem nur noch das Ziel zu erreichen, dass in Mekka offiziell Genitalverstümmelung bei Mädchen zur Sünde erklärt wird. Das ist erstmal mein nächstes Abenteuer, dann denke ich weiter. Ich habe keine Zeit mehr für etwas anderes im Moment.

CL: Wie gehst du mit Gegnern um?
RN: Die lächle ich an, das ist angeblich die beste Art dem Gegner die Zähne zu zeigen. Wenn es Gegner sind, die ein begründetes Argument gegen mich haben dann kann es sein, dass ich meine Ansichten ändere. Aber wenn sie nur aus Fanatismus und aus Neid Gegner sind, habe ich gar keine Zeit mich mit ihnen zu befassen. Es klaut mir nur meine Restlebenszeit. Mit 71 muss man damit sehr ökonomisch umgehen.

CL: Wie kann ein Unternehmen gestärkt aus Schwierigkeiten hervorgehen?
RN: Ich würde alle Mitarbeiter zusammen trommeln und schauen, was jeder an Ideen hat, die Firma wieder voran zu bringen. Keine Vision ist zu verwegen. Man muss sich erinnern, dass alles von Menschen Gemachte zunächst einmal im Kopf einer einzigen Person entstanden ist. Die hat es dann verstanden, mit der richtigen Strategie, mit Geduld und Glück das Ziel zu erreichen. Jede Partei, Religion, jede Stadt ist so entstanden. Es gibt ein Buch mit dem Titel „Der Kollaps“, das lohnt sich zu lesen. Es ist ein Welt-Bestseller aus den USA und erzählt von Firmen und Völkern die irgendwann entweder einen Fehler oder etwas richtig gemacht haben und dann zugrunde gegangen oder eben expandiert sind. Vielleicht erfährt man auch dort Anregungen.

AG: Du hast unheimlich viel erreicht. Nicht nur, dass du es selber tust, sondern du hast auch andere dazu motiviert, Außergewöhnliches zu leisten. Gibt es dazu eine Empfehlung?
RN: Ja, indem man die Leute teilhaben und nicht den Chef raushängen lässt und Order gibt, sondern dass man sie zu Partnern macht und dass der Erfolg auch ihr Erfolg ist. Wie in meinem Fall mit meiner Lebensgefährtin Annette Weber oder mit den Leuten, mit denen ich bei den Indianern war. Wir waren immer Partner. Ich war allenfalls Primus inter pares, weil ich die Idee hatte. Ich glaube, wenn man Leute beteiligt, sind sie motivierter, als wenn man sie zwingt. Zwang und schlechtes Betriebsklima sind tötende Momente für einen Betrieb. Ich war gestern auf einem ähnlichen Dia-Festival wie hier, dort liefen viele freiwillige Helfer herum, junge Menschen mit roten Jacken, die begeistert waren, die für die Sache keinen Cent bekommen. Sie machen das, um in die Atmosphäre des Reisens einzutauchen, um Fremde kennen zu lernen, um selbst Motivation zu finden. Das finde ich super. Bezahlte bringen den Ehrgeiz oft nicht auf. Da wird auf die Uhr geschaut und die Restzeit bis zum Feierabend errechnet.

KH: Hast du dir schon mal Gedanken über deinen Tod gemacht?
RN: Laufend! Weil er ja immer näher kommt.

KH: Und wo würdest du dich in diesem Fall zur Ruhe setzen?
RN: Wenn es qualvoll wird, werde ich mich töten. Ob ich es dann tue, weiß ich noch nicht. Ich habe es jedenfalls vorbereitet. Wenn ich noch wählen kann, habe ich zwei Orte auf der Welt, die ich aber nicht verrate, wo ich mich in der Natur zurückziehen würde. Irgendwo in Afrika oder im Urwald, dort habe ich meine geheimen Refugien und werde dem Ende gelassen entgegen sehen. Im Moment bin ich jedoch so voll mit Plänen, dass ich noch gar keine Zeit habe, mich jetzt schon von der Natur recyceln zu lassen. Rechnerisch bin ich ja bald dran. Als ich jünger war, habe ich immer gedacht: „Oh Gott! Wie muss das sein, wenn man 70 oder 80 ist? Denkt man dann nur noch an den Tod?“ Nun ist es soweit. Aber ich nehme es gelassen hin, weil es jeden erwischt, ob Tier oder Pflanze. Nun bin ich eben dran.

KH: Das beruhigt einen, oder?
RN: Ja, das beruhigt sehr und dass davon niemand verschont wird. Du auch nicht.
Sitzt man Rüdiger Nehberg gegenüber, spürt man förmlich seine unbändige Energie und Kraft, die beispiellos ist für einen 71 Jährigen, der zahlreiche Überfälle überlebt hat und trotz eigener Konditorei und Familie regelmäßig die Welt bereiste.

Zum Abschied geben wir Rüdiger Nehberg noch eine Flasche Schwedenbitter mit auf den Weg, damit er auch seine nächsten Abenteuer spielend meistern kann. Inspiriert und dankbar, diesen faszinierenden Menschen kennen gelernt zu haben, mach ich mich auf den Weg nach Hause, um mich wieder auf das Abenteuer „Büro“ vorzubereiten.

Montag, 5. Juni 2006

Ab in die Wildnis!

Christian Lautner hält sich in seiner Freizeit mit Vorliebe in der Natur auf. Über den Kontakt mit Deutschlands bekanntesten Survival-Experten Rüdiger Nehberg kam er auf die Idee, an einem Wildnistraining bei Zwerger und Raab teilzunehmen.

So verbrachte er Pfingsten 2006 in Hinterzarten (Schwarzwald) unter Anleitung eines Expertenteams unter freiem Himmel, ohne Strom und ohne Feuerzeug, getreu dem Motto:
"Ich ging in die Wälder, denn ich wollte wohl überlegt leben. Intensiv leben wollte ich, das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten, was nicht lebend war. Damit ich nicht in der Todesstunde inne würde, dass ich gar nicht gelebt hatte.“
(Henry David Thoreau, US-amerikanischer Schriftsteller und Philosoph)

Das Wildnistraining - Der Erlebnisbericht

Schon lange wollte ich einmal mit einem erfahrenen Führer Wälder und Natur besser kennen und verstehen lernen. Ich sprach mit lokalen Förstern und Jägern, bin aber auf taube Ohren gestoßen. Hin und wieder lernte ich Obstbauern und Landwirte kennen, die meine Neugier kurzfristig stillten. Bücher über Heilpflanzen und Erlebnisgeschichten von Rüdiger Nehberg und Tilmann Waldthaler halfen mir darüber hinweg, dass die Senioren ihr Wissen nicht mehr preisgeben können. Entweder leben sie nicht mehr, sitzen vorm Fernseher oder überwintern auf Mallorca.

Ein Telefongespräch mit Nehbergs Lebensgefährtin Annette Weber ändert alles.
Ich erfuhr von ihr vom Wildnistraining der Firma Zwerger und Raab und meldete mich sofort an. Nach einigen Monaten des Wartens war es dann soweit:

Tag 1

Reinhard Zwerger, Geschäftsführer und Trainer, ist von 17 neugierigen Teilnehmern (davon 4 Frauen) und drei weiteren Trainern (eine davon seine Lebensgefährtin) umgeben und heißt alle herzlich willkommen. Ein verheißungsvoller Tag, der 3. Juni 2006. Es ist kühl und nieselt. Wir befinden uns in einem malerischen Tal, Hexenloch in St. Märgen, bei Hinterzarten im Schwarzwald auf einem Picknickplatz mit einer geräumigen Blockhütte, einem Brunnen und Sitzgruppen aus Holz. Die Rucksäcke aller Anwesenden liegen auf einer Plane neben dem Eingang der Hütte.
Die Hütte ist mit Küche und Schlafmöglichkeiten ausgestattet. Lebensmittel und Ausrüstung werden aus dem firmeneigenen Transporter ausgeladen und es werden zusätzlich zwei Pfadfinderzelte aufgebaut, damit auch wirklich alle Platz zum Schlafen finden. Neben Schlafmöglichkeiten wird auch für das leibliche Wohl gesorgt und alle helfen mit das Basislager einzurichten: wir hacken Feuerholz und stellen Sonnenschirme auf, die allerdings nicht Sonne, sondern überwiegend den Regen abhalten. Ich schaue mich um, lerne die Trainer und Teilnehmer kennen. Fragen werden jederzeit beantwortet und Hilfestellung wird stets geleistet – auch von den Teilnehmern. Jeder entscheidet frei, welche Übungen er auslässt und auch was er isst.

Keine Rambos oder Fremdenlegionäre – die brauchen dieses Training nicht mehr.
Unter den Teilnehmern finden sich eher Gleichgesinnte - ganz normale Menschen, Kaufleute, Firmeninhaber, Erzieherinnen, eine Landwirtin, Systemadministratoren, Studenten et cetera. Einige von ihnen haben Bücher von Rüdiger Nehberg gelesen und kamen so an die Adresse von Zwerger & Raab, andere bekamen dieses Training zu Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt.
Nach dem das Lager aufgebaut ist, genügend Feuerholz gesammelt und die Küche eingeräumt ist, trommelt Reinhard alle zusammen. Wir stellen uns vor: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Was erwarte ich? Der Ablauf und die Spielregeln werden erläutert und nebenbei wird erwähnt, dass die Mobiltelefone wegen einem Funkloch hier nicht funktionieren. Danach stellt Reinhard auch schon die ersten Aufgaben: "Ein Unwetter zieht auf! Sturm aus Nord-Ost. Ihr müsst euch also einen Unterschlupf bauen, Feuer machen und Kräuter zum Teekochen sammeln. Das einzige, was ihr dabei mitnehmen dürft sind zwei Streichhölzer und alles das, was ihr bereits in euren Jacken- und Hosentaschen habt. Die Rucksäcke bleiben hier und niemand macht sich vorher noch einmal daran zu schaffen.“ Ich habe so etwas geahnt, blicke Hilfe suchend zu meinem akkurat gepackten Rucksack und wünsche mir mein großes Messer und mein Feuerzeug herbei.

BIG FOUR: WATER, FIRE, SHELTER, FOOD

In kleinen Teams à 3-5 Personen laufen wir los und bestimmen die Windrichtung. Wir stolpern über Wurzeln, suchen große Äste um einen Unterschlupf zu bauen und kleinere um Feuer zu machen. Das Team, dem ich angehöre, ist schnell. Euphorie und Adrenalin treiben uns an. Das Lager steht schließlich fest und sicher auf einer kleinen Anhöhe auf der dem Sturm abgewandten Seite, geschützt von großen Bäumen. Danach ernten wir Bärwurz, Sauerampfer und Breitwegerich für den Tee und geben den Trainern Bescheid, dass unser Team fertig ist. Nach und nach schauen sich Reinhard und seine drei Trainerkollegen das Werk der Teams an, geben Ratschläge und Hilfestellungen. Am schwierigsten erweist sich das Feuermachen, welches wir in Anwesenheiten der Trainer entzünden sollen. Reinhard verteilt zwei Streichhölzer an jedes Team und überzeugt sich von der Fertigkeit seiner Teilnehmer. Es hat in den letzten Tagen viel geregnet - der Frühling lässt also noch auf sich warten - am Straßenrand liegt sogar noch Schnee. Nur die vertrockneten Äste am Baum sind zum Feuermachen geeignet. Mit Geduld und Windschutz klappt es dann auch. Die Lage des Unterschlupfes ist ebenfalls sehr wichtig, wenn man ein Unwetter unbeschadet überstehen will. Sich richtig zu orientieren und die Windrichtung zu bestimmen, sind von elementarer Bedeutung. Wenn der Regen, wie jeder andere Besucher auch, einfach durch das Eingangsloch eindringt, sollte man noch mal darüber nachdenken, den Eingang auf eine andere Seite zu verlagern. Die Kräuter für den Tee kommen nicht zum Einsatz und das Feuer machen wir auch gleich wieder aus. Es ging in der Übung nur darum, dass wir verstehen, wie man möglichst schnell Wärme, Unterschlupf und Nahrung sichert und wie wichtig das ist. Sie kann unter den Begriff THE BIG FOUR: WATER, FIRE, SHELTER, FOOD. (Wasser, Feuer, Unterschlupf und Nahrung) zusammengefasst werden. Diese vier Elemente ziehen sich wie ein roter Faden durch die drei Tage. Sie sind Hauptbestandteil des Wildnistrainings.

Ein Mensch kann drei Minuten ohne Luft, drei Stunden ohne Wärme, drei Tage ohne Wasser und drei Wochen ohne Nahrung auskommen.

Das relativiert die Angst, in den drei Tagen verhungern oder verdursten zu können. Macht aber auch deutlich, wie lebenswichtig diese Dinge sind und genau darum geht es eben in diesem Training. Die anstehenden Übungen befassen sich hauptsächlich mit diesen Themen: Wasser besorgen, Feuer entzünden, Unterschlupf bauen und Nahrung finden.
In den nächsten Stunden lernen wir Reinhard und sein Trainingsteam als sehr umgängliche, freundliche und kompetente Experten kennen. Die lockere Art und Weise des Trainings überzeugt auch die letzten Zweifler.
Nach der ersten Lektion und der Brotzeit stehen Pflanzenkunde und Knotenkunde auf dem Plan. Welche Pflanzen sind genießbar? Kann man Blumen essen? Wie gut hält mein Knoten? Gibt es bessere? Wie und womit befestige ich meine Zeltplane? Wie baue ich mir ein Seil aus Brennnesseln? Zwischendurch erklärt Reinhard, dass jeder Teilnehmer frei entscheiden kann, ob er in der Hütte, im Zelt oder im selbstgebauten Unterschlupf im Wald schläft. Wir haben genügend Zeit, darüber nachzudenken und um uns die Schlafstätte aussuchen und herrichten zu können. Reinhard legt Seile und Zeltplanen demonstrativ neben die Sitzgruppen auf den Boden, jeder wird mit dieser Entscheidung konfrontiert. Die Planen lächeln mich an, ich schnappe mir zwei davon und verschwinde im Wald. Anschließend bereiten wir das Abendessen vor. Es wird gemeinsam gekocht und gebraten: Fisch, Kartoffeln, Salat und Stockbrot. Selbstgesammelte Kräuter verfeinern den Salat und strecken den Brotteig. Bei der Anmeldung wurden wir nach Essgewohnheiten gefragt (Vegetarier, Veganer, Moslem etc.) und entsprechend kaufte Reinhard ein. Es ist genug für alle da, niemand muss sich das Fleisch selber fangen!
Ich verbringe diese Nacht im Wald, mit einer Regenplane, Isomatte und Schlafsack – reine Neugier. Einige Wenige entscheiden sich auch dafür, die Mehrheit schläft in der Hütte bzw. in den Zelten. Ich wünsche Fuchs und Hase eine gute Nacht und schlafe friedlich und tief.

Tag 2

Am nächsten Tag beginnen wir nach der Katzenwäsche den Tagesablauf mit einem ausgiebigen Frühstück und anschließendem Feuermachen, Seilkunde, Pfeil- und Bogenschiessen und Kräuterkunde. In den gleichen Teams wie vom Vortag versuchen die Teilnehmer/innen ausgiebig und mit viel Geduld Feuer durch Reibung oder mit Funkenschlag (Eisen und Feuerstein) zu machen. Feuer bedeutet Leben, Wärme für Herz, Leib und Seele.

Die Glut ist stets dabei

Anschließend wird die Glut in selbstgebauten natürlichen Transportgefäßen transportiert, um am Abend wieder das Lagerfeuer damit zu entfachen - ebenfalls Teil der Aufgabe. "Zur Ausrüstung des Gletschermannes "Ötzi“ gehörte ein Gefäß aus Birkenrinde, welches glühende Holzkohlen enthalten hatte. Es war innen schwärzlich verfärbt und mit Blättern des Spitzahorns als isolierendem Material ausgekleidet. So konnte die Glut einige Stunden aufbewahrt werden. Brach Ötzi sein Lager ab, konnte er die Glut von seinem Feuer in frische Blätter als Isoliermaterial einwickeln und somit fast Luftdicht in seinem Birkenrindengefäß mit sich führen. Dadurch blieb die Glut einige Stunden am glühen und ersparte ihm bei seiner nächsten Rast die Arbeit des Feuermachens.“ erklärt uns Reinhard. Das ist der Grund, warum auch wir solche Transportgefäße (aus Blechdosen oder Holzscheiten) bauen und unsere Glut mit uns führen.Natürlich stehen auch hier die Trainer mit Rat und Tat zur Seite. In den nächsten Übungen lernen wir weitere Knoten, überqueren einen Bachlauf mit Hilfe eines Seiles und lernen verschiedene Arten des Überquerens kennen.
Wieder im Basislager angekommen, erwartet uns eine Bogenschießanlage. Jeder bewaffnet sich mit Pfeilen und passendem Bogen. Die Trainer erklären uns den Ablauf und die Sicherheitsregeln, dann wird gespannt, angelegt und geschossen. Reinhard zeigt uns auch noch weitere Jagdwaffen: Speer, Wurfstock und Speerschleuder. Ab und zu schauen wir wieder nach der Glut. Zwischendurch wird immer wieder getrunken und gegessen – Wasser, Saft, Brot, Wurst, Käse und Schokolade – denn mit einem knurrenden Magen kann man nicht lernen, lautet die Devise von Reinhard. Er nennt dieses Ritual "Vesper“. Dann folgt eine Exkursion durch das weitläufige Tal und wir lernen Pflanzen kennen, die man essen kann oder die Heilkräfte besitzen. Später wird das Lagerfeuer mit der ständig mitgeführten Glut entfacht, bei leckerem Abendessen und Lagerfeuergeschichten lassen wir schließlich den Tag ausklingen. Reinhard zeigt uns noch seine Pfeilsammlung: Indianerpfeile, Pfeile aus der Mongolei, England etc. und berichtet von seinen Erfahrungen in Kanada. Danach begebe ich mich in den Wald und erlebe meine zweite Nacht unter freiem Himmel. Ich habe mein Lager vorher etwas umgebaut: eine Plane auf dem Boden und eine Zweite als Dach, besser gespannte Seile und festere Knoten. Ich schlafe noch besser und verschlafe beinahe das Frühstück.

Tag 3

Den letzten Tag verbringen wir mit Orientierung, Wasseraufbereitung, Fallenbau und Messerkunde. Wir lernen Himmelsrichtungen mit und ohne technische Hilfsmittel zu bestimmen und ermitteln Entfernungen mit einfachen Tricks aus der Natur, sowie die Marschdauer. Danach versammeln wir uns um Reinhard, der uns diverse Möglichkeiten der Wasseraufbereitung (Kohlefilter, Tabletten) und uns die entsprechenden Filter zeigt. Er demonstriert verschiedene Fallen, weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass das Fallenstellen in Deutschland streng verboten ist. Zum Schluss legt er einige unterschiedliche Messer auf den Tisch von denen jedes seine ganz bestimmte Verwendung hat (werfen, schneiden, stechen, etc.) und er demonstriert richtiges schleifen und schärfen. Im Anschluss packen wir alle Sachen zusammen, reinigen den Platz und die Hütte, zerstören unsere Bauten im Wald und hinterlassen möglichst keine Spuren. Wir verlassen die Natur, so wie wir sie vorgefunden haben. Die nächsten Teilnehmer des Trainings sollen schließlich die gleiche Ausgangssituation vorfinden.
Wir wandern durch das sonnendurchflutete Tal und steuern einen Waldparkplatz an. Von dort aus werden wir nach Hinterzarten gebracht, wo unsere Autos stehen. Am Parkplatz verabschieden wir uns, jeder macht sich auf seinen Heimweg. Im Gepäck: Schmutzige Wäsche, reichlich Eindrücke und Erfolgserlebnisse, neue Erkenntnisse und das Wissen, dass Überleben gar nicht so schwierig ist – wenn man weiß wie. Mein Hunger nach "Survival“ und artgerechtem Verhalten in der Natur ist fürs erste gestillt.

Zwerger und Raab - Die Experten

Seit Firmengründung 1988 – und wahrscheinlich schon lange vorher –, sind die Trainer und Geschäftsführer der Zwerger Raab GmbH in Wäldern und Wüsten, auf Bergen und Flüssen der Erde unterwegs.Da kommen viele Erfahrungen zusammen – so viele, dass Rüdiger Nehberg sie in seinen Survival Büchern als die beste Survival-Kurs-Adresse Deutschlands empfiehlt.
Die Arbeit von Zwerger & Raab konzentriert sich auf drei Kernbereiche: incentive, traincentive und training. In jedem dieser Bereiche orientiert man sich an der Natur — was nicht bedeutet, dass immer nur draußen gearbeitet wird. Die Angebotspalette umfasst Erlebnispfaden über NiedrigElemente- und HochElemente- Parcours bis hin zu Baumwipfeltouren, erlebnis- und umweltpädagogischen Lernfelder, Unterstützung bei Fusionen oder Kick OFF-Veranstaltungen. Zwerger & Raab hilft Mitarbeiter zu motivieren, Kunden zu gewinnen und binden durch Belohnung, Anreiz, Inspiration.

Das Wildnistraining fasst viele ihrer Erfahrungen zusammen und vermittelt auf spannende Weise die Methoden des Lebens in und mit der Natur. Kein Survival im klassischen Sinne – aber eine gute Anleitung sich sachgerecht in der Wildnis zu bewegen.
Und abends am Lagerfeuer, beim Erzählen der Geschichten von Bärenbegegnungen, unentdeckten Wasserfällen und anderen Abenteuern wird das Bild rund und die Lust am eigenen Entdecken geschürt.

Und darum geht es in diesem Training – entdecken, ausprobieren, erleben! Dazu muss man kein durchtrainierter Waldläufer sein und Würmeressen steht nur auf Bestellung auf dem Programm.Was es braucht sind Abenteuerlust, Neugier, ein gutes Taschenmesser und los geht’s!

Der Waldläufer

Reinhard Zwerger, Jahrgang 1962, hat nach der Ausbildung zum Diplom-Geophysiker (Vulkanologe, Seismologe und Astronom) aus seiner Passion - der Arbeit mit Mensch und Natur - seinen Beruf gemacht: seit 1988 bietet die Zwerger & Raab GmbH aus Hinterzarten Teamtrainings in und mit der Natur zwischen Schwarzwald und Alaska an. Reinhard Zwerger ist seit 25 Jahren unterwegs in aller Welt: mehrere lange Wildnisaufenthalte in Kanada, Alaska, im Dschungel Venezuelas und in Ostafrika. Im Winter 1988/89 lebte er mit einem Trapper im Norden des Yukon und arbeitete bei dem traditionellen Fallensteller mit Hunde- und Motorschlitten. In der Ortsgruppe Hinterzarten ist er seit 2001 aktives Mitglied der Bergwacht Schwarzwald e.V. und zuständig für die Ausbildung.
Seit 1987 stellt er sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrung anderen Menschen in Kursen zur Verfügung. Dabei geht es ihm neben der Vermittlung von Techniken ganz wesentlich um die Weitergabe dessen, was Leben in und mit der Natur bei ihm selbst ausgelöst hat. Leben im weit-gehenden Einklang mit den natürlichen Begebenheiten und das Wissen, das uns die Natur durch ihr Beispiel selbst immer wieder vorgibt, bestimmen daher die Outdoor-Tage ganz wesentlich.